Botox gegen Depressionen

Botox gegen Depressionen – Wunschdenken oder Wirklichkeit?

Botox lässt nicht nur Falten verschwinden, sondern macht auch gute Laune – so jedenfalls neueste Erkenntnisse der Wissenschaft. Wie Studien zeigen, hat Botox neben dem bekannten kosmetischen Effekt auch positive Auswirkungen auf die Psyche. Macht Botox also glücklich? Glücklich wohl nicht – doch hat der Wirkstoff offenbar das Potenzial, Depressionen zu bekämpfen. Bisher ist die Substanz als Therapeutikum gegen Depressionen noch wenig erprobt, doch geben jüngste Studien durchaus Anlass zur Hoffnung. Die Ergebnisse sind so eindeutig, dass sie selbst Skeptiker ins Grübeln bringen. Hilft Botox also tatsächlich gegen Depressionen? Wir haben für Sie das Thema etwas näher beleuchtet.

Botox – nicht nur wirksam gegen Falten

Lange bevor man seine Wirksamkeit bei der Faltenbehandlung entdeckte, wurde Botox bereits in verschiedensten medizinischen Bereichen eingesetzt. Der Wirkstoff Botulinumtoxin A ist effektiv bei neurologischen Erkrankungen, wirkt bei Spasmen und Reizblase, bekämpft Migräne und Schiefhals. Seine Wirksamkeit basiert auf der Fähigkeit, die Reizübertragung zwischen Nervenenden zu dämpfen oder ganz außer Kraft zu setzen. Botulinumtoxin senkt durch die Unterbrechung der Kommunikation zwischen Gehirn und Nervenenden im injizierten Bereich den Muskeltonus – der Muskel kann sich entspannen. Nun haben sich Ärzte diese Eigenschaften auch im Kampf gegen die Depression zunutze gemacht.

Angefangen hat alles 2006, als einem amerikanischen Schönheitschirurgen auffiel, dass es seinen Patienten nach einer Botoxbehandlung generell besser ging. Er schrieb dies zunächst ausschließlich einer positiveren Selbst- und Fremdwahrnehmung zu, die mit der Glättung von Falten einhergeht. Doch dann begann er, sich näher damit zu beschäftigen. Er beobachtete das Phänomen systematisch und kam zu dem Schluss, dass Botulinumtoxin depressive Verstimmungen verbessern kann. Auch Psychoanalytiker haben sich bereits mit dem Thema beschäftigt und legen nahe, dass viele Patienten mit Botoxbehandlungen möglicherweise eine Art instinktiver Selbsttherapie betrieben, die ihrer Seele gut tue.

Botox – Studien bestätigen antidepressive Wirkung

Tillmann Krüger, Professor an der Psychiatrischen Klinik der Medizinischen Hochschule in Hannover verabreicht seinen Patienten schon seit Langem Botox – auch bei mittelschweren bis schweren Depressionen. Er ist überzeugt, dass Botoxinjektionen ein wirksames Mittel gegen Depression sind. Diese Überzeugung kommt nicht von ungefähr. Er führte zusammen mit seinem Kollegen, dem Gerontopsychiater Axel Wollmer 2012 eine erste Studie zum Thema Botox gegen Depressionen durch. Zwar handelte es sich um eine kleine Studie mit nur wenigen Patienten, doch brachte sie umso erstaunlichere Ergebnisse.

Die Probandengruppe bestand aus 30 an einer Depression erkrankten Patienten. Die Erkrankten litten teilweise an einer chronischen Depression – keine gängige Therapie hatte bei ihnen zum Erfolg geführt. Der Hälfte der Teilnehmer wurde Botulinumtoxin in die Glabellaregion injiziert, die andere Hälfte erhielt als Placebowirkstoff Kochsalzlösung. Die Glabellaregion befindet sich zwischen den Augenbrauen. Sie weist bei der Mehrzahl der Depressiven vertikale Falten auf, die umgangssprachlich auch als Zornesfalten bezeichnet werden. Rund 60 % der Patienten, die Botox erhalten hatten, berichteten über eine deutliche Besserung der Symptome. In der Placebogruppe waren es dagegen nur 13 %. Zum Erstaunen der Mediziner hielt diese Wirkung bei der Botoxgruppe teilweise noch an, als sich der Wirkstoff nach einigen Monaten abgebaut hatte.

In einer experimentellen Studie, die Axel Wollmer, Chefarzt an der Asklepiosklinik für Gerontopsychiatrie in Hamburg mit gesunden Probanden durchführte, zeigte sich außerdem, dass Botoxinjektionen die Aktivität der Amygdala senken. Diese Gehirnregion ist für die Verarbeitung von negativ besetzten Emotionen zuständig.

Das Fazit der Psychiater: Botulinumtoxin ist in der Wirkung vergleichbar mit Psychopharmaka und kann definitiv depressive Symptome verringern. Allerdings kann die Injizierung des Wirkstoffs Botulinumtoxin A keine alleinige Depressionstherapie sein. Dazu ist eine Depression eine zu komplexe Erkrankung, deren Ursachen noch nicht abschließend geklärt sind.

Depressionen auf dem Vormarsch

Die Depression ist eine ernst zu nehmende Erkrankung, die immer mehr Menschen betrifft. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird Depression schon 2020 weltweit die zweithäufigste Volkskrankheit sein. In der Tat hat sich die Erkrankung längst zu einer Volkskrankheit ausgewachsen – auch in Deutschland. Seit dem Jahr 2000 hat die Zahl der Krankschreibungen aufgrund einer Depression um 70 % zugenommen. Schuld scheint unsere schnell getaktete Zeit, die ein hohes Stresslevel bereithält und mit vielfältigen psychischen Belastungen aufwartet.

Konventionelle Therapien greifen oft nicht

Depressionen folgen ihren eigenen Gesetzen. Die Krankheit habe biochemische Ursachen und ließe sich daher auch mit biochemischen Mitteln bezwingen, so lange der allgemeine Tenor in der Fachwelt. Immer häufiger sprechen jedoch Menschen mit schweren Depressionen nicht mehr auf konventionelle medikamentöse Therapien an. Fachärzte sind sich weitgehend einig, dass die alleinige Behandlung mit herkömmlichen Antidepressiva oft nicht die erhoffte Wirkung bringt. Selbst in Kombination mit einer Psychotherapie führt die Behandlung häufig nicht zum gewünschten Erfolg.

Die Tatsache, dass die einst wirkungsvollen Werkzeuge stumpf geworden scheinen, bringt sowohl Ärzte als auch Patienten zur Verzweiflung. Nun sind neue Therapieansätze gefragt, die die Depression in Schach halten. Doch wer neue Wege gehen will, muss sich auch innovativen Lösungen öffnen, die bisher vielleicht als abwegig galten. Wenn depressive Patienten davon profitieren können, sind auch eher ungewöhnliche Methoden legitim, um die Erkrankung in den Griff zu bekommen – denn geheilt werden kann eine Depression nur selten. Botox ist weit davon entfernt, ein neues Allheilmittel gegen Depression zu sein. Doch kann es als Ergänzungspräparat dazu beitragen, dass Patienten ihre Depression beherrschen und nicht von ihr beherrscht werden. Besonders wenn es sich um Patienten handelt, denen keine bisher bekannte Therapie helfen konnte.

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Wie kann Botox gegen Depressionen helfen?

Viele Patienten spüren instinktiv, dass es ihnen nach einer Botoxinjektion besser geht – ohne den eigentlichen Grund dafür zu kennen. Offenbar scheint die Muskelentspannung durch Botox auch eine Entspannung der Seele zu bewirken. Doch wie funktioniert das?

Emotionen, die sich in unserem Gesicht widerspiegeln, beeinflussen auch die Stimmung unseres Gegenübers. Am deutlichsten wird das wohl bei Kindern, deren Reaktionen noch nicht durch intellektuelles Kalkül verfälscht sind. Wer ein kleines Kind anlächelt, wird in der Regel ein Lächeln zurückbekommen. Wer dagegen ein finsteres, böses Gesicht macht, wird im Extremfall Tränen ernten, ohne ein Wort gesprochen zu haben.

In unserem Gesicht gehen Signale negativer Emotionen hauptsächlich von der Glabellaregion, also dem Bereich zwischen den Augenbrauen, aus – deshalb setzt die Botoxtherapie genau in dieser Region an. Durch das Injizieren von Botox werden die Muskeln, die für die Entstehung der vertikalen Zornesfalten zuständig sind, kurzerhand paralysiert. Die Überlegung der Ärzte: Durch die fehlende Muskelaktivität bleiben Zornesfalten aus und damit auch der Zorn. Das mag zunächst absurd klingen – doch es scheint zu funktionieren.

Botoxinjektionen tricksen das Gehirn aus

Der Grund liegt in der Funktionsweise unseres Nervensystems. Die Reizübertragung zwischen den einzelnen Nervenenden ist keineswegs eine Einbahnstraße. Die Schaltstellen für die Übertragung von Reizen, die sogenannten Synapsen, geben Informationen vom Gehirn an die Nervenenden weiter – doch der Informationsfluss funktioniert auch in die andere Richtung. In unserem Beispiel gibt das Gehirn, wenn wir verärgert, genervt oder traurig sind, den Befehl zum Zusammenziehen der Augenbrauen. Unser Gemütszustand manifestiert sich dann durch eine vertikale Falte zwischen den Augenbrauen. Umgekehrt signalisieren Nervenzellen in der Glabellaregion wiederum dem Gehirn: Ich bin richtig sauer, wütend oder traurig. So entsteht eine unerwünschte Rückkopplung, die unsere Emotionen noch verstärkt. Wird die Muskelaktivität in dieser Region durch Botoxinjektionen weitgehend stillgelegt, können wir negative Empfindungen weniger gut ausdrücken und sie auch weniger deutlich empfinden. Unser Gemütszustand hellt sich insgesamt auf. Hinzu kommt, dass die Veränderung sich positiv auf die Selbst- und Fremdwahrnehmung auswirkt. Wer sich selbst im Spiegel gerne mag und bei anderen gut ankommt, fühlt sich naturgemäß auch besser. Das verstärkt den Effekt noch und hilft, das in Gang gesetzte positive Gefühl aufrechtzuerhalten.

Mimik als Regulativ für Empfindungen

Die Wechselwirkung zwischen Mimik und Befinden beschäftigt die Wissenschaft schon seit Langem. Bereits Charles Darwin setzte sich mit dem Thema eingehend auseinander. Er bezeichnete den bei Depressiven überaktiven Muskel zwischen den Augenbrauen schon 1872 als “Trauermuskel”. Er stellte fest, dass sich Emotionen abschwächen, wenn wir sie nicht sichtbar ausdrücken – sich dagegen verstärken, wenn wir ihnen freien Lauf lassen. Dass das so ist, wissen und spüren wir alle instinktiv. Genau das ist der Grund, warum wir oft versuchen, Tränen zurückzuhalten, selbst wenn wir alleine und unbeobachtet sind. Die Angst, dass hemmungsloses Weinen unsere negativen Empfindungen verstärken könnte, ist nämlich durchaus berechtigt. Wir fallen zunächst in ein emotionales Loch, um dann nach einiger Zeit geläutert aus dem Tal der Tränen aufzutauchen – denn Weinen erleichtert.

Sensorisches Feedback

Das Phänomen dieses Wechselspiels wird in Fachkreisen als Facial-Feedback-Hypothese bezeichnet. Schon der Begriff weist darauf hin, dass es sich in der Tat noch um eine Annahme und nicht um eine wissenschaftlich erwiesene Tatsache handelt. Doch hat es in der Vergangenheit immer wieder Studien gegeben, die diese Hypothese untermauern. So führte der deutsche Sozialpsychologe Fritz Strack im Jahr 1988 eine aufschlussreiche Studie mit interessantem Ergebnis durch. Seine Probanden bekamen jeweils denselben Comic vorgelegt und sollten nach der Lektüre angeben, wie lustig sie ihn fanden. Ein Teil der Studienteilnehmer war angewiesen, beim Lesen einen Stift zwischen den Zähnen zu halten, ohne dass dieser Kontakt mit den Lippen hatte. Das Ergebnis war mehr als erstaunlich: Diese Teilnehmer fanden die Lektüre des Comics durchweg lustiger als die anderen. Offenbar motivierten die künstlich angespannten Lachmuskeln auch zum Lachen. Auf diesem Prinzip basiert auch die sogenannte Lachtherapie, bei der bewusst eingeübtes Lachen häufig zu echter Fröhlichkeit führt.
Rückkopplung funktioniert auch umgekehrt

Was passiert eigentlich, wenn die Muskeln um den Mund übermäßig stark durch Botox lahmgelegt werden? Wenn hier der gleiche Effekt zum Tragen kommen sollte, müssten wir bei einer überdosierten Injektion weniger häufig lachen als zuvor. Tatsächlich zeigen Tests, dass es den Betroffenen nicht nur schwerer fiel zu lächeln – auch die Fähigkeit zu Empathie schien abzunehmen. Dieser negative Effekt kann von keinem gewollt sein. Ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig es ist, die Behandlung von einem erfahrenen Facharzt durchführen zu lassen. Leider wird die hohe Kompetenz, die für eine Botoxbehandlung erforderlich ist, allzu oft immer noch sträflich unterschätzt. Behandler gibt es heutzutage zuhauf – doch nicht alle bringen die notwendige Fachkenntnis und Erfahrung mit, um den Eingriff fachgerecht und sicher durchführen zu können. Botoxinjektionen sind keineswegs eine Lappalie, die man eben mal achtlos im Vorbeigehen erledigen kann – und die jedermann durchführen kann.

Botoxinjektionen erfordern eine hohe Kompetenz

Das Gesicht verfügt über unzählige Muskeln und Nervenstränge, die maßgeblich an unserer Mimik beteiligt sind. Es erfordert genaue anatomische Kenntnisse all dieser Strukturen, um die Injektion richtig zu dosieren und millimetergenau zu platzieren. Schon eine leichte Überdosierung des Wirkstoffs Botox kann eine vollständige Lahmlegung des Muskels und damit eine versteinerte Mimik im Injektionsbereich bewirken. Eine falsche Platzierung der Injektion kann sogar Asymmetrien wie einen hängenden Mundwinkel oder ein herabhängendes Augenlid zur Folge haben. Da Botox sich erst nach einigen Monaten von selbst abbaut, muss der Patient während dieser Zeit zwangsläufig mit seinem nicht unerheblichen Handicap klarkommen. Wie wir gesehen haben, kann sich eine misslungene Behandlung sogar negativ auf unsere Fähigkeit zur Empathie auswirken.

Fazit:

Die Injektion von Botulinumtoxin ist ein ganz neuer Ansatz bei der Therapie der Depression. Wie wir gesehen haben, steht das Nervengift in der Wirkung Antidepressiva in nichts nach und bringt sogar Vorteile mit sich. Botox hat im Gegensatz zu herkömmlichen Psychopharmaka kaum Nebenwirkungen und ist damit für den Patienten wenig belastend. Der Effekt hält 3 – 6 Monate an und die Injektion kann dann bedenkenlos beliebig oft wiederholt werden. In diesem Fall gerät der letzte Vorteil quasi zum netten Nebeneffekt: Wir können uns über ein faltenfreies und entspannt wirkendes Gesicht freuen. Sicherlich kann Botox keine Depression heilen. Doch kann der Wirkstoff das Erleben negativer Emotionen, wie sie naturgemäß bei Depressionen auftreten, deutlich abschwächen und dem Patienten Erleichterung verschaffen. Und das ist – fragt man die Betroffenen – schon sehr viel.

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